Vatikan erlaubt Segnungen homosexueller Paare

Konservative Theologen beziehen sich zur Begründung, dass es sich bei Homosexuellen Handlungen um eine Sünde handelt auf Levitikus 18, 22, in dem es heißt: „Du darfst nicht mit einem Mann schlafen, wie man mit einer Frau schläft; das wäre ein Gräuel.“ Der Bonner Bibel Exeget Professor Ulrich Berges sagt dazu: "Der Text Levitikus ist ungefähr 500 Jahre vor Christus geschrieben worden. Er bezieht sich immer auf einen Analverkehr zwischen Männern, wobei der Analverkehr immer ein Akt der Demütigung ist. Das ist also überhaupt nicht zu vergleichen mit einer freien, zwischen gleichen Partnern geschlossenen oder versprochenen Lebensbeziehung" (https://www.domradio.de/.../theologe-bibel-verurteilt...).

Er ist der Überzeugung, dass die Bibel Homosexualität nicht verbietet. Berges weiter: "Und so ist das, was hier im Buch Levitikus steht, "ein Gräuel", nicht weil es eine homosexuelle Beziehung verbieten würde. Das kennt das Alte Testament und das kennt auch die Antike nicht. Deshalb kann die Bibel das nicht verbieten, weil sie das gar nicht kennt. Ein freier Entschluss zwischen gleichberechtigten Männern oder Frauen für eine bleibende, gültige, rechtlich geschlossene Partnerschaft ist dort völlig unbekannt. Das ist historisch bewiesen, da gibt es überhaupt keinen Zweifel."

Ob es Aufgabe der Kirche ist, sich um die sexuellen Praktiken der Gläubigen zu kümmern, wage ich entschieden zu bezweifeln. In den letzten Tagen habe ich ein Interview mit Franz Meurer (bekannter katholischer Priester aus Köln) gehört, in dem er sinngemäß sagte, die Kirche solle sich um das Seelenheil der Menschen kümmern und nicht um das, was in ihren Schlafzimmern passiert. Dem ist ganz und gar zuzustimmen.

Die Aussage von Kardinal Gerhard Ludwig Müller, die Segnung homosexueller Paare sei „ Gotteslästerung“ zeigt, dass es in der katholischen Kirche nach wie vor hochrangige Würdenträger gibt, die sich der Lebensrealität verweigern. Das Festhalten an hergebrachten Traditionen und Grundsätzen nur um der Tradition und Grundsätze willen ist sinnlos und führt die Kirche letztlich in die Irre und möglicherweise in ein Schisma.

Geht man davon aus, dass es sich bei der Vorstellung über die Homosexualität in der katholischen Kirche um eine viele Jahrhunderte gültige Vorstellung handelt, liegt es nahe, dass es sich bei dem Dokument „Fiducia supplicans“ (Flehendes Vertrauen) durchaus um ein bemerkenswertes Papierhandelt, das zudem die ausdrückliche Zustimmung von Papst Franziskus hat.

Ich bin allerdings der festen Überzeugung, dass dies nur ein erster Schritt zu weiteren Reformen der katholischen Kirche sein. Es scheint aber möglich zu sein, dass sich etwas ändert. Vielleicht lohnt es sich doch, weiter für eine Erneuerung der Kirche zu kämpfen.

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